Haedke zu Bagatellsteuern in der Monatszeitschrift des Bundes der Steuerzahler

Wie viel Steuern wollen wir? Franz Josef Strauß gab kurz nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident hierauf eine klare Antwort: In Bayern so wenig wie möglich. Und daraufhin schaffte er diese Steuern 1980 einfach für Bayern ab. Was hat er damals abgeschafft? Was wäre denn die Bandbreite derartiger Steuern? Es verstecken sich beispielsweise so "witzige" neue
örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern wie die Getränkesteuer, Vergnügungssteuer, Speiseeissteuer, Jagdsteuer und Zweitwohnungssteuer hinter dem Oberbegriff kommunale Bagatellsteuern. Und der ist tatsächlich gar nicht so sehr "bagatell" wie das auf den ersten Blick scheinen mag. Die Regelung bedarf daher immer einer Bayernweiten gesetzlichen Grundlage.
Eine Wiedereinführung bedürfte einer Änderung bzw. Aufhebung des Art. 3 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz durch den Bayerischen Landtag. Eine Diskussion, die immer wieder -auch in der jüngsten Vergangenheit- geführt
wird. Ich meine, eine falsche Diskussion. Die Initiativen wurden und werden stets durch Partikularinteressen hervorgerufen.

Es gibt zudem gute Gründe, gegen eine Wiedereinführung zu sein. Eine Mehrheit der Abgeordneten im Bayerischen Landtag lehnt dies derzeit daher auch ab:

1. Es würde sich eine Steuermehrbelastung von Bürgern und Unternehmen ergeben. Eine solche Entwicklung würde der langjährigen bayerischen Steuerpolitik widersprechen, die Staatsquote zu senken und die ohnehin zu hohe Steuerbelastung zu reduzieren. Und hier müssen jeweils die Gesamtbelastungen betrachtet werden. Das ist dann für Bayern ein Standortfaktor!

2. Aufgrund des internationalen Wettbewerbs um Arbeitsplätze kommt den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, zu denen auch die Steuerbelastung ge-
hört, entscheidende Bedeutung zu. Die den Kommunen zustehende Gewerbesteuer führt im internationalen Vergleich zu einer Sonderbelastung der in Deutschland tätigen Unternehmen, die die Konkurrenzfähigkeit wesentlich beeinflusst. Deshalb gibt es immer wieder Überlegungen, diese Belastung zu senken. Das Unionskonzept einer Steuerreform für Wachstum und Beschäftigung ("Bessere Alternative") sah eine Senkung der Gewerbesteuermessbeträge um 20 % vor. Die den Kommunen dadurch entstehenden Steuerausfälle
sollten aber nicht zu deren Lasten gehen, sondern in vollem Umfang ausgeglichen werden. Die allgemein zu beobachtende Tendenz zu Steuerentlastungen müssen auch die Kommunen zur Kenntnis nehmen.
Deshalb sollte der Spielraum für zusätzliche Finanzierungsquellen in Form von Steuern und Abgaben nicht ohne Not erweitert werden.

3. Die Einführung sowie die laufende Verwaltung der in Frage kommenden Steuern ist sehr aufwendig; meist steht der Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Ertrag. Dies wird in den Kommunen auch vielfach so gesehen. In diesem Zusammenhang ist auf die Erfahrungen des Landes Berlin mit der zum l. Januar 1998
eingeführten Zweitwohnungssteuer hinzuweisen. Im Rahmen des Steuererhebungsverfahrens stellte sich heraus, dass das Melderegister nicht mehr dem aktuellen Stand entsprach. Zwei Drittel der angenommenen 218.000 Steuerpflichtigen hatten ihren Berliner Zweitwohnsitz längst aufgegeben. Das zum l. Januar 1980 eingeführte
gesetzliche Verbot bestimmter kommunaler Steuern (Art. 3 Abs. 3 KAG) - Getränkesteuer, Vergnügungssteuer, Speiseeissteuer, Jagdsteuer, Zweitwohnungssteuer -wurde seinerzeit auch mit der damit verbundenen
Verwaltungsvereinfachung begründet. Dieses Argument gilt heute noch viel mehr, zumal allgemeiner Konsens besteht, die staatliche Tätigkeit nicht weiter auszudehnen, sondern endlich auf das Notwendige zu
beschränken.

4. Die Kommunen verfügen nach geltendem Recht mit der Festlegung der Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer grundsätzlich über ein weitreichendes und wirksames Instrumentarium zur Verwirklichung ihrer
Finanzautonomie. Zudem laufen derzeit Bemühungen, die Finanzkraft der Kommunen u.a. durch eine Reform der Gewerbesteuer zu stärken. Die von der Bundesregierung eingesetzte Reformkommission "Gemeindefinanzreform" soll bis Mitte 2003 ihre Vorschläge vorlegen.
Auch mit der von der Bayerischen Staatsregierung befürworteten Verankerung des Konnexitätsprinzips wird die Stellung der Städte und Gemeinden gestärkt.

Wegen der angeführten Gründe wurden erst vor kurzem Versuche der Wiedereinführung abgelehnt. Gerade über das Engagement hier sowie auch die generelle Information danke ich dem Bund der Steuerzahler in
Bayern. Nur durch kompetente Beratung und nachhaltigen Einsatz können die Interessen des Steuerzahlers gewahrt werden. Die Politik muss hier unabhängig entscheiden, sie darf sich aber auch nicht zu sehr von kurzfristigen Moden -gerade in der Steuerpolitik- leiten lassen.
Deshalb sollten langfristig getroffene Entscheidungen, wie die der Abschaffung der kommunalen Bagatellsteuern, auch Bestand haben.
Dann können wir unseren Eisbecher auch weiterhin ohne kommunale Steuer essen. Es sind ja jetzt schon so viele Steuern vorhanden, dass manchem das Eis ohnehin nicht mehr schmeckt.


Joachim Haedke, 06 Juni 2003.


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