Weiteres Verfahren PAG: Der CSU-Fraktionsvorsitzdende informiert die Abgeordneten bezüglich der weiteren Planung

Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes - Aussetzung der Beratungen


Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Plenarsitzung am 01.12.2004 wurde der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes in Erster Lesung beraten. Der Gesetzentwurf enthält Regelungen zur Einführung moderner Ermittlungs- und Überwachungsinstrumente (Telekommunikationsüberwachung, Kennzeichenerkennung) und zur Umsetzung der restriktiven Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Wohnraumüberwachung. Die neuen Befugnisse sollen insbesondere zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des international operierenden Terrorismus eingesetzt werden und sind für eine effiziente präventive Polizeiarbeit unverzichtbar.

Am 17.03.2005 fand in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit und für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen eine Expertenanhörung zu dem geplanten Gesetzentwurf statt. Dabei haben der Bayerische Datenschutzbeauftragte, der Verfassungsrechtsexperte Prof. Dr. Heckmann von der Universität Passau sowie der von der SPD als Experte benannte Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz die Vereinbarkeit der bayerischen Regelungen mit den vom Bundesverfassungsgericht bislang dargelegten Grundsätzen für die Zulässigkeit von technischen Überwachungsmaßnahmen bestätigt.

Nahezu zeitgleich zu der Anhörung im Bayerischen Landtag hat das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit der neu in das niedersächsische Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) aufgenommenen Instrumentarien der Telekommunikationsüberwachung verhandelt. Dieses Gesetz enthält ähnliche Mechanismen wie der bayerische PAG-Entwurf, wenn es auch in einigen Teilen weit darüber hinausreicht.

Vor diesem Hintergrund habe ich in Gesprächen mit Staatsminister Dr. Günther Beckstein und dem Vorsitzenden des Innenausschusses Jakob Kreidl vereinbart, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die dem Vernehmen nach noch im Sommer 2005 ergehen wird, abzuwarten.

Ausschlaggebend dafür war, dass das Bundesverfassungsgericht im Verfahren über das SOG aller Wahrscheinlichkeit nach zur Abgrenzung präventiver und repressiver Überwachungsmaßnahmen und zu den Grenzen der präventiven Telekommunikationsüberwachung Stellung nehmen wird. Sobald das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vorliegt, wird der Innenausschuss die Beratungen wieder aufnehmen. Unser Ziel ist es in jedem Fall, die Zweite Lesung des Gesetzes noch in diesem Jahr durchzuführen, damit das Gesetz zum 01.01.2006 in Kraft treten kann.

Unabhängig davon meine ich, dass wir in der nächsten Zeit unsere seit jeher eher distanzierte Haltung zum Datenschutz vorsichtig überdenken müssen. Das Schlagwort „Datenschutz ist Täterschutz“ hat gegenüber übertriebenen polizeifeindlichen Einstellungen mancher rot-grünen Politiker nach wie vor große Berechtigung. Die aktuellen Diskussionen über die de-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses durch die Zugriffsmöglichkeit aller Finanzämter und Sozialbehörden auf private Kontendaten, die Fragen, ob Daten von Toll-collect über Fahrzeugbewegungen oder auch die Buchungsdaten bei privaten Reisebüros den Sicherheitsbehörden zugänglich gemacht werden sollen, führen aber nach meinem Eindruck auch im Kreis der CSU-Wählerschaft zu Skepsis oder gar Unverständnis und Kritik. Wir müssen diese Sorgen m. E. ernst nehmen und angesichts dieser aktuellen Entwicklungen neu über eine angemessene Balance zwischen dem notwendigen Schutz unserer Sicherheit durch geeignete Maßnahmen von Polizei und Verfassungsschutz einerseits und dem ebenso notwendigen Schutz der Privatsphäre jedes Bürgers vor einer übertriebenen staatlichen Überwachung und Kontrolle andererseits nachdenken. Auch dies gehört zum richtigen Verständnis der „Freiheit“ in unserem Staat, für die wir uns immer eingesetzt haben.


Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann


CSU-Fraktion , 13 Juli 2005.


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