Kommentar zur Berufung Nida - Rümelins als Kulturstaatsminister

„Das ist das bestangezogene Stück Seife der Stadt“ sagte der Intendant der berühmten Münchner Kammerspiele Dieter Dorn über den Münchner Kulturreferenten Julian Nida-Rümelin einmal – und hatte wohl recht. Daß er damit wohl ganz gut in Schröders Regierung paßt, steht wieder auf einem anderen Blatt und soll hier nicht im Zentrum der Darstellung stehen. Der Wechsel des Münchner Kulturreferenten Julian Nida-Rümelin nach Berlin, um dort Kulturstaatsminister Naumann abzulösen, bedeutet für die Stadt wenig Verlust. Der selbsternannte Quereinsteiger (Münchner Merkur: „Dilettierende Quereinsteiger“) in die Politik hat in seiner kurzen Amtszeit in der bayerischen Landeshauptstadt wirklich keine herausstechende Figur gemacht und wird vermutlich nicht mal in den Reihen der lokalen SPD Größen vermißt werden. Die Trauer der Genossen über den Verlust für die Stadt hielt sich jedenfalls in sehr überschaubaren Grenzen.
Die Leistungen des Kulturreferenten waren dann auch eher an Nicht- oder Fehlleistungen zu messen. Freilich kommt erst einiges nach und nach heraus. So fand man gerade einen kleinen Fehlbetrag und mehrere Pleite GmbH´s in der letzten Kulturausschussitzung der Stadt. Der für eine Kommune stattliche Betrag von 20 Millionen ist ungeplant weg – Nida-Rümelin hatte sich verkalkuliert. In Münchner Politikkreisen aller Parteien ist man demnach auch derzeit gespannt, was da noch sonst als Hinterlassenschaft des Neu-Bundespolitikers zum Vorschein kommt.
Andere atmen aber auch auf, weil der Referent nun die Stadt verlassen hat. So haben die Münchner Kammerspiele durch den Abgang Nida-Rümelins wieder eine Chance, von seinem Nachfolger bzw. seiner Nachfolgerin berücksichtigt zu werden. Das Juwel der Münchner Kultur wurde von Nida-Rümelin schlichtweg überhaupt nicht beachtet, ohne daß dieser an der Vernachlässigung irgendein Fehlverhalten erkennen wollte. Der Philosophie-Professor, der noch bei seiner Mutter wohnt, ließ für seine Versäumnisse am Schluß noch die eigenen Mitarbeiter gerade stehen, was viel über seine Führungsqualitäten aussagt.

Demokratische Verantwortung ist auch nicht seine Sache. Dafür entzog er sich in zahlreichen Fällen schnell den Vorwürfen des Stadtrates. Vielfach mußten die tatsächlich Nichtverantwortlichen Rede und Antwort stehen, was Nida-Rümelin jedoch nicht störte, weil er seiner Ansicht nach fein raus war.

Besonders spannend sind übrigens Nida-Rümelins grundsätzliche Ansichten. Da gibt es die Äußerung, daß Politik und Kultur noch unvereinbare Dinge seien und daß er als Nicht-Fachmann sicherlich für frischen Wind in der Kulturpolitik sorgen könne. Daß er kein Fachmann ist, hat Nida-Rümelin in seiner kurzen Amtszeit in München allerdings nachhaltig unter Beweis gestellt. Abgesehen von der Pleite mit den Kammerspielen offenbarte er gravierende Defizite bei der administrativen Umsetzung von Veranstaltungen. Aus diesem Grund wies er wohl darauf hin, daß ihn neben dem administrativen Charakter vor allem die Bedeutung des Amtes in Berlin reize. Die Organisation der Milleniums-Meile in München beispielsweise geriet zum totalen Chaos, die Silvesterfeier war durch die Absperrungen teilweise derart überfüllt, daß es nach Aussage der bereitstehenden medizinischen Helfer ein Wunder war, daß nichts Schlimmes passiert ist. Der Umzug des bei den Jugendlichen äußerst beliebten Partyhallenortes „Kunstpark Ost“ in München drohte gar zu einem nicht wieder gut zu machenden Ausfall zu avancieren. Der Oberbürgermeister mußte die Dinge unter dem Vorwand, das jetzt zur Chefsache zu machen, selbst in die Hand nehmen. Das völlige Versagen Nida-Rümelins war vielleicht mit ein Grund, warum das Pressebüro von Ude den Wechsel zu einem Zeitpunkt bestätigte, als das Kanzleramt einen Abgang Naumanns noch dementierte. Die Müncher Zeitungen kommentierten sogleich entsprechend. „...hat Nida-Rümelin viele Erwartungen geweckt und hinterläßt nun eine enttäuschte Gemeinschaft“ (Münchner Galeristensprecher Storma in der Abendzeitung) oder „In keiner Weise prägte er die Münchner Kulturpolitik außer in negativer. .. Aber Kompetenz ist dem Bundeskanzler offenbar egal“ (Münchner Merkur)

Es bleibt auch fraglich, ob Nida-Rümelin seinen früheren Beteuerungen, Kultur sei vor allem Angelegenheit der Kommunen, in bestimmten Ausnahmen allenfalls noch der Länder, aber keinesfalls des Bundes, treu bleibt. Aufgrund seiner Begeisterung über den zukünftigen Einfluß dürfte sich jedoch rasch einstellen, was sich bei anderen gescheiterten Nachrückern wie Eichel und Klimmt nach Berlin ebenfalls offenbarte - eine komplette Kehrtwende der früheren eigenen Position.

Wir Münchner wünschen der Republik jedenfalls viel Freude mit Nida-Rümelin. Wir hatten ja bereits unseren Anteil... .


Joachim Haedke, 01 Dezember 2000.


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